Schöpfungsverantwortung

Schöpfungsverantwortung beginnt im Garten

Wer sich auf eine Gartenreise begibt, taucht ein in das Meer der Artenvielfalt und lässt sich ein auf die verwandelnde Kraft und Schönheit der Schöpfung.

Gärten sind Traumwelten. Sie symbolisieren die Sehnsüchte der Menschen nach einem Raum, in dem der Mensch und die Schöpfung in Frieden miteinander existieren.

Nach biblischer Vorstellung wohnen die ersten Menschen nicht in einem Haus, sondern in einem Garten. Dieser Garten ist aber kein Schlaraffenland, in dem die gebratenen Hühner durch die Luft fliegen. Die Beschreibung des Garten Edens ist eher nüchtern und zurückhaltend. Der Mensch – selbst Geschöpf – lebt in Frieden mit allen anderen Geschöpfen. Alles ist schlicht und es ist keineswegs ein Ort des Müßiggangs, sondern ein Land, das der Bebauung und Bewahrung bedarf. Alle paradiesischen Züge werden ausgeschieden. Das Besondere ist die Nähe Gottes zu allen Geschöpfen.

Diese Verbundenheit mit dem Ursprung rückt auch die Geschöpfe näher zusammen und verbindet sie zu einer Schöpfungsgemeinschaft. Den Menschen kommt dabei eine besondere Verantwortung seinen Mitgeschöpfen gegenüber zu. Er soll sie kennen- und lieben lernen, ihnen einen „Namen geben“ als Zeichen der besonderen Nähe.

Aus dem Umgang mit den Geschöpfen und aus der Dankbarkeit für die Schönheit der Schöpfung entsteht eine Haltung der besonderen Verantwortung für die anvertrauten Lebewesen. Den Menschen wird zugemutet, Bebauer des irdischen Gartens zu sein, sorgsam mit den Lebensgrundlagen umzugehen und im Sinne des Schöpfers Entscheidungen zu treffen. Diese „Schöpfungsverantwortung“, die im Garten beginnt, setzt sich außerhalb des Gartens fort, denn die Bibel bleibt nicht in der Harmonie des Gartens, sondern durchbricht diese Grenze und verweist ins weite Land. Die Realität des Lebens kann sich nicht immer im Garten abspielen. Die Sehnsucht nach der Harmonie und den Frieden ist nur erlebbar im Gegensatz, im Kontrast zu einer raueren, unharmonischen Welt „draußen“.

Der spirituelle Mensch entdeckt in der Schöpfung die Spuren des Schöpfers. Sie ist für ihn ein Wunder, das stets neue Entdeckungen ermöglicht und dessen Vielfalt der Mensch doch nie restlos erfassen kann. In dieser Vielfalt der Schöpfung spiegelt sich die unendliche Phantasie und Kreativität des Schöpfers selbst wider. Und schließlich steht der Mensch, wenn er die Schöpfung betrachtet, vor einem großen Geheimnis. Er muss erkennen, dass ihm die letzten Gründe des Lebens und des Daseins verborgen bleiben, dass aller naturwissenschaftlicher Fortschritt die letzte Frage nach dem Warum auch nicht erhellen kann.

Schöpfungsverantwortung heute meint eine umfassende Antwort auf die sozialen und ökologischen Herausforderungen unserer Zeit. Das den Rhythmen der Natur angepasste Leben und Arbeiten in einem Garten ist die ursprünglichste Vorbereitung darauf.

Wer sich bei einer Gartenreise auf diese Erfahrung einlässt, wird nicht nur Spuren Gottes in der Schöpfung entdecken, sondern auch der eigenen ureigensten Berufung als GärtnerIn näher kommen und die Bewahrung der Schöpfung als Dauerauftrag in seinem Leben verstehen.

Mag. Ernst Sandriesser Umweltreferat der Diözese Gurk Sprecher der Konferenz der Umweltbeauftragten der katholischen Kirche Österreichs Tarviserstrasse 30 A-9020 Klagenfurt

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